Sprengung

Gründe für die Sprengung

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden die Richtfunkfernverbindungen zwischen Berlin und der Bundesrepublik Deutschland nach und nach zurückgebaut, da diese im Rahmen des Programms "Telekom 2000" auf Glasfaserkabel umgestellt wurden. Nachdem die Richtfunkantennen und weitere Antennen auf dem Mast in Frohnau nach und nach demontiert wurden, zogen im November 2008 die letzten Mobilfunkanwendungen auf den benachbarten Sendeturm um. Somit war der Mast entbehrlich geworden.

Ausschlaggebend für die Entscheidung zum Abriss dürften die hohen Unterhaltungskosten gewesen sein. So fielen nach früheren Unternehmensangaben für die Instandhaltung der Stahlkonstruktion jährlich etwa 50 000 Euro an. Angesichts dessen sah man auch beim Bezirk Reinickendorf keine Verwendungsmöglichkeiten für das Bauwerk. Zudem gab es bereits bei der Planung in den 70er Jahren die Auflage zum Rückbau, wenn der Mast nicht mehr gebraucht werden sollte.

Es erfolgte jeweils eine Ausschreibung für den Abbruch des Sendemastes sowie für den Rückbau der Zaunanlage. Den Auftrag für den Abbruch erhielt die TVF Altwert GmbH, Regionalbereich Süd/Ost in Lübbenau, welche den Auftrag zur Sprengung an die Thüringer Sprenggesellschaft mbH vergab.

Sprengvorbereitungen

Das am Stahlgittermast angeschlossene Treppenhaus mit davor liegendem Carport wurde vor der Sprengung demontiert. Ebenso wurde das auf dem Gelände befindliche Haus für die Pardunenheizung und zwei Pardunengerätehäuser abgetragen und entsorgt. Die Flughindernisbefeuerung hingegen musste bis zum Tag der Sprengung in Funktion bleiben. Um den eigentlichen Zaun der Richtfunkanlage herum, wurde sehr weiträumig ein Baustellenzaun aufgestellt. Dieser reichte in westlicher Richtung auf ca. 10 Meter bis an die B96 heran und in nördlicher Richtung nahezu bis an den Hubertusweg. Wenige Tage vor der Sprengung wurden entlang der B96 Halteverbotsschilder für den 08.02.2009 aufgestellt und es wurden an den Zufahrtsstraßen Absperrbaken bereitgestellt. Die Fassade des nächst gelegenen Hauses der "Künstlersiedung" musste zum Schutz vor eventuell umher fliegenden Trümmern gebäudehoch eingerüstet und mit Flies abgedeckt werden.

Anmerkung: Die ursprünglich für Dezember 2008 geplante Sprengung wurde aufgrund nötig gewordenen erweiterter Sprengvorbereitungen zunächst auf den 18. Januar 2009 verlegt, kurzfristig aber wieder abgesagt und letztendlich auf den 8. Februar 2009 verschoben. Viel später hätte die Sprengung auch nicht mehr durchgeführt werden können, da laut Berliner Naturschutzgesetz ab dem 1. März die gesetzliche Brut- und Setzzeit beginnt und dann bis Oktober ein Rodungsverbot herrscht. Die Demontage- und Aufräumarbeiten wären so nicht mehr zu schaffen gewesen. Der Deutsche Abbruchverband e.V. hatte ursprünglich in der Zeit vom 17. - 18. Januar 2009 einen Praxis-Workshop inklusive Baustellenbesichtigung, Fachvorträgen (Erläuterung des Sprengkonzeptes etc.) und "Live-Sprengung" für die interessierte Öffentlichkeit geplant. Dieser fand jedoch, vermutlich durch die erneute Terminverschiebung der Sprengung selber, nicht statt.

Sprengkonzept

Das sonst übliche Verfahren für die Sprengung von Sendemasten bei denen die rückwärtigen Pardunen gesprengt werden, damit der Mast in die entgegengesetzte Richtung kippt, konnte aufgrund beengter Platzverhältnisse nicht angewendet werden: Südöstlich des Mastes stand in 72 m Entfernung der Sendeturm und in ca. 102 m entfernt ein Betriebgebäude der ehemaligen Richtfunkstelle. In östlicher Richtung befand sich in 143 m entfernt der "Künstlerhof" sowie westlich des Mastes die Bundesstraße (B96) mit einer parallel verlaufenden Gasleitung in ca. 220 m Entfernung. Das Sprengkonzept sah daher eine so genannte "Sprengfaltung" vor. Dazu wurden in 93 m Höhe an 24 Positionen Sprengladungen angebracht, so dass durch die Sprengung der Eckstiele und der Diagonalen ein Richtung Westen öffnender Keil (ein so genanntes "Sprengmaul") entstehen sollte. Um die Kippbewegung nicht zu behindern, mussten zeitgleich 12 der 15 Abspannseile gesprengt werden. Zur Unterstützung des Rückwärtskippens der unteren 93 m, wurde in der Mitte der untersten östlichen Pardune ein 2 Tonnen schweres Ballastgewicht angebracht. Die Sprengung der Abspannseile erfolgte durch sogenannte Schneidladungen, die an den unteren Pardunenlaschen angebracht waren. Der verwendete Sprengstoff Hexogen setzt sich hierbei mit bis zum 8750 m/sec um und durchschneidet den Stahl auf einer linienförmigen schmalen Fläche. Insgesamt kamen ca. 4 kg Sprengstoff zum Einsatz. Aber nicht alleine das ungewöhnliche Sprengkonzept machte diese Sprengung besonders, denn zudem wurde niemals zuvor in Europa ein höheres Bauwerk gesprengt.

Tag der Sprengung

Am Tag der Sprengung waren 180 Polizisten der Berliner Polizei und etwa 100 Helfer vom Technischen Hilfswerk (THW) im Einsatz, welche durch Polizisten der Polizeiwache Hennigsdorf und Mitarbeitern der Berliner Forstverwaltung unterstützt wurden. Ein Gebiet von 550 m um den Sendemast wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt. Beamte der Berliner Polizei durchkämmten dieses Gebiet gemeinsam mit Helfern des THW. Unterstützend hierzu war ein Polizeihubschrauber mit einer Wärmebildkamera im Einsatz. Der im Sperrgebiet gelegene "Künstlerhof Frohnau" musste geräumt werden. Für die rund 40 Mieter fand seitens der DMFG ein Unerhaltungsprogramm statt, welches um 10 Uhr einen Brunch im nahe gelegenen Landhaus "Hubertus-Klause" beinhaltete und um 12:30 einen gemeinsamen Fußmarsch zu einem Sprengungs-Aussichtspunkt. Ebenfalls gegen 12:30 Uhr wurde die Oranienburger Chaussee (B96) zwischen der Landesgrenze zu Brandenburg und dem Schwarzkittelweg für sämtlichen Verkehr gesperrt und die Buslinie 125 unterbrochen. Mittlerweile waren auch zahlreiche Schaulustige eingetroffen. Diese hatten sich in erster Linie an den dafür geeigneten Plätzen, wie den Gewerbegebiet Hohen Neuendorf, dem "Stolper Feld" südöstlich der Invalidensiedlung und dem Poloplatz in Frohnau versammelt aber auch auf sonstigen Freiflächen in Frohnau und Umgebung. Während laut Polizeibericht ca. 1000 Schaulustige gekommen waren, nennen andere Quellen bis zu 20.000 Menschen, die bei der Sprengung zusahen.

Sprengung

Die Sprengung war pünktlich um 13:00 Uhr vorgesehen, verzögerte sich jedoch durch eine Fehlermeldung auf dem Zündcomputer des Sprengmeisters. Nachdem um 13.08 Uhr auf der S-Bahnstrecke Oranienburg-Wannsee noch ein letzter Zug die Stolper Heide passierte, erfolgte um 13:10 die Zündung. Innerhalb von ca. nur 10 Sekunden stürzte der Mast in sich zusammen. Sofort nach der Sprengung überflog ein Polizeihubschrauber das Gelände am Jägerstieg 1 und die Besatzung konnte nach einer ersten Sichtung die Oranienburger Chaussee per Funkspruch um 13:14 für den Verkehr wieder freigegeben. Ab ca. 13:34 Uhr war diese dann wieder befahrbar und gegen 14:45 Uhr waren alle Sperrungen aufgehoben.

Da der Mast entgegen der Planungen und Computersimulationen knapp oberhalb der zweiten Pardunenebene ein zweites mal einknickte, verkürzte sich die Falllänge insgesamt erheblich. Somit wurden in der westlichen Hauptfallrichtung nur ca. 85 m und in der östlichen Gegenfallrichtung ca. 65 m in Anspruch genommen. Dieser Umstand wirkte sich auch günstig auf die Schäden am umliegenden Baumbestand aus. So kamen weitaus weniger Bäume zu Schaden, als ursprünglich von den Berliner Forsten angenommen. Im direkten Anschluss an die Sprengung begannen Mitarbeiter der TVF Altwert und Freiwillige Helfer des THW mit ersten Rodungsarbeiten und sonstigen Beseitigungen von Gefahrenstellen im und um das Gebiet des eingestürzten Sendemastes. Begleitet wurde diese ersten Maßnahmen von zahlreichen Blicken der Schaulustigen, die sich am Zaun um das Gelände am Jägerstieg drängten.



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