Entstehung

Um zu veranschaulichen, welche Umstände zum Bau des Richtfunkmastes in Berlin-Frohnau führten, ist es zunächst erforderlich, auf die Möglichkeiten der Fernsprechübertragung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlins zur Zeit der Deutschen Teilung einzugehen. Bis Mitte der sechziger Jahre kamen hier zwei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz, um die Telefongespräche ohne Inanspruchnahme von Infrastruktur der damaligen DDR zu übertragen:

1. Überhorizont-Richtfunk (Funkstrecke Schäferberg - Torfhaus)

Bei dieser Art der Funktechnik stehen die Sende- und Empfangsantennen nicht in Sichtverbindung zueinander. Die ausgesendeten Signale werden über die Erdatmosphäre reflektiert und die Streustrahlung wird von der Empfangsantenne empfangen. Der Vorteil dieser Technik besteht darin, dass trotz geringer Antennenhöhen relativ weite Entfernungen überbrückbar waren. Ein Nachteil des Überhorizont-Richtfunkes ist die Störanfälligkeit z.B. bei starken Niederschlägen. Es existierte eine Überhorizont-Richtfunkverbindung zwischen einem Sendeturm im Ortsteil Wannsee des Berliner Stadtbezirkes Zehlendorf und der Gegenstelle im niedersächsischen Torfhaus (Landkreis Goslar). Die zu überbrückende Entfernung zwischen beiden Standorten betrug ca. 200 km und es standen hier 3000 Fernsprechkanäle zur Verfügung.

2. Richtfunk ohne Sichtverbindung (Funkstrecke Schäferberg - Gartow 1)

Zwischen dem Sendeturm am Schäferberg und dem ca. 135 km entfernten Sendemast Gartow 1, bestand eine richtfunkähnliche Verbindung. Durch sogen. "Einseitenband-Amplitudenmodulation" konnte hier auf einem relativ schmalen Frequenzband gesendet werden. Nachteilig bei dieser Funktechnik waren mögliche Störgeräusche wie Verzerrungen durch Frequenzverschiebungen.

Aufgrund der Nachteile der oben beschriebenen Funktechniken und weil die Kapazitäten für Fernsprechverbindungen weiter erhöht werden mussten, entstand der Gedanke, eine Richtfunkverbindung mit Sichtverbindung zu realisieren. Hierzu sollte im ehemaligen West-Berlin ein um die 350 m hoher Sendemast errichtet werden sowie eine entsprechende Gegenstelle in der Bundesrepublik Deutschland. Da seinerzeit ein zweiter Standort für eine Funkstelle in West-Berlin erwünscht war, entschied man sich gegen Ende der Sechziger Jahre, nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens, zunächst eine Fläche im Frohnauer Forst zu erwerben, an der die neue Richtfunkstelle entstehen sollte.

Zwischenzeitlich war es am Standort Schäferberg jedoch gelungen, durch den Einsatz weiterer Antennen und modifizierter Technik, die Kapazitäten weiter auszubauen. Zudem existierten zu dieser Zeit bereits Experimente auf einer Versuchstrecke für eine Richtfunkverbindung mit sogenannter "streifender Sicht", von deren Ausgang man sich wichtige Erkenntnisse für das geplante Vorhaben erhoffte. Damit wurde das Bauvorhaben in der ursprünglichen Planungsform zunächst zurückgestellt.

Statt dessen wurde 1971 am Standort Frohnau ein wesentlich kleinerer Sendeturm errichtet, der eine weitestgehend baugleiche Gegenstelle im niedersächsischen Clenze erhalten sollte. Die hier eingesetzte Überhorizont-Richtfunk-Technik entsprach der Technik auf der bestehenden Funkstrecke Schäferberg-Torfhaus. Statt 3000 geplanter Fernsprechkanäle konnten auf der neuen Überhorizont-Richtfunkstrecke im Regelbetrieb jedoch nur gerade mal ca. 700 Kanäle geschaltet werden, nachdem diese 1975 in Betrieb genommen wurde. Die Ursache hierfür lag in einer mangelhaften Übertragungsqualität, die unter anderem und erst durch eine deutliche Bandbreiteneinengung beseitigt werden konnten.

Da so letztendlich die benötigten Kapazitäten nicht erreicht werden konnten und insbesondere auf dieser neuen Funkstrecke die Nachteile der Überhorizont-Richtfunk-Technik erneut deutlich wurden, rückte das ursprüngliche Bauvorhaben wieder in den Fokus der Ingenieure. So entschied man sich im Herbst 1977 für den Bau des Richtfunkmastes in Berlin-Frohnau. Für den Standort der Gegenstelle wurde Gartow ausgewählt, welches im östlichsten Landkreis Niedersachsen, im ehemaligen Zonenrandgebiet lag.